27. Juli 2025

VOM KIND ZUM ERWACHSENEN: EMOTIONEN UND ERWARTUNGEN

Wieder ein Abschnitt, ein neuer Meilenstein steht an.

(M)ein Kind geht in die Volljährigkeit. Ein besonderer Moment für die Eltern und das Kind, für die ganze Familie. Es ist dieser unsichtbare Übergang. Kein Grenzgang, nein, das Gegenteil: Diese Überschreitung, dieses so wichtige Etappenziel im Leben öffnet Grenzen.

Grenzen einer definition

Der Definition des Kindseins zur Definition des Erwachsenseins.

Grenzen, die gesetzlich einhergehen und nun mit weiteren Freiheiten, aber im gleichen Schritt auch strengeren Reglements einhergehen. Grenzen, die sich das eine Kind mehr, das andere weniger zu Herzen nahm im Kindsein.

Dieses Gefühl, endlich volljährig sein zu dürfen, einerseits herbeigesehnt, andererseits auch mit viel Ehrfurcht entgegengetreten. 

Zitat eines lieben Menschen:

„Ich weiß noch gar nicht, ob ich für die Volljährigkeit bereit bin, aber jetzt ist der Moment gekommen und da muss ich durch.“ 🙂

Dieses Gefühl des Erwachsenseins, verbunden mit all den Fragen, die man sich vielleicht als Kind gestellt hat, was genau dieser Tag und diese Zeit denn für ein Gefühl des Erwachsenseins ist. Wie fühlt sich dieses Gefühl eigentlich an? Und ändert es tatsächlich bereits mit dem Aufwachen oder in der Minute des Reinfeierns etwas?

Dieses Gefühl, ob die Erwartungen, vielleicht auch Bedenken oder Ehrfurcht, aber sicherlich vorrangig Freude, jetzt Wirklichkeit werden.

Die grundsätzliche Frage, ob sich überhaupt etwas so zack über Nacht ändert? Veränderungen gehen in der Regel über einen längeren Zeitraum vonstatten.

Oder zieht man die Volljährigkeit direkt im Moment des Erreichens an? Übergestülpt, wie ein Kleidungsstück, einen Rucksack oder eine neue Haarfarbe oder gar ein Tattoo?

Ist es eine Attitüde, ein Charaktermerkmal, das einfach über Nacht implementiert, quasi heruntergeladen wird?

Die stille Frage des „Noch-Kindes“, ob man überhaupt schon willig und bereit ist, stark, selbstbewusst und selbstverantwortlich zu sein. Also den „Verpflichtungen oder Erwartungen“ des Erwachsenwerdens überhaupt entgegentreten möchte.

Die Frage, ob man nicht gerne noch ein wenig die Entscheidungen des Lebens andere für sich treffen lassen oder diese zumindest im Dialog mit seinen Lieben weiterhin besprechen möchte.

Rollentausch

Definitiv ist es eine neue Rolle. Bisher durfte ich als Elternteil die Regie führen – mit viel Freiheit für die Entwicklung und Entfaltung der Persönlichkeit dieses besonderen Hauptdarstellers in meinem Leben.

Jetzt sitzt der Hauptdarsteller selbst in der Rolle als Regisseur da, mit neuer Berufung. Ich übergebe ihm das Skript in die Hand, für den Fall, dass er die Vorlage wertvoll und nachschlagbar für sein Leben empfindet. Vielleicht möchte er einzelne Partien auch eins zu eins kopieren, für sein Drehbuch des Lebens … und ich gehe leise aus dem Rampenlicht. 

In der Hoffnung, dass dieser wunderbare Mensch, dem ich das Leben geschenkt habe, bereit ist, für eben diesen neuen Lebensabschnitt.

Stark, kompakt, mit viel Empathie, Zuversicht, Intelligenz, Weitsicht und was sonst noch alles an guten Zutaten dazugehört.

Also kurz gesagt: dass dieser Mensch „ready for the world“ ist.

Andere Welt

Andererseits ist dies aktuell eine gänzlich andere Welt, die ich kenne und in die ich hineingeboren wurde. Also definitiv auch andere Werte hatte, als sie so mancher aus der „Neuzeit“ kennt und bedient. (Darf man das als 70er-Jahrgang so sagen, Neuzeitler? Lach … Ich meine so ab Generation Z … ?)

Doch ich bin überzeugt, es sind nach wie vor verdammt gute menschliche Werte. Und in diesem ganzen Prozess schwingt leise dieser Abschied mit – vom Kindsein, vom Schutzraum, von der kleinen Hand in meiner.  

Ich hatte – so dachte ich – einen super Plan, sollte mein Kind dann endlich mal 18 sein. Zum 18. sollte es eines dieser kleinen Klassiker-Filmchen geben, die man halt eher zur Belustigung der Gäste anstelle des Geburtstagskindes abspielt, zumindest aber eine schöne Collage, oder wie ich finde ein „Must-have“, ein liebevoll gestaltetes Fotobuch mit 18 Jahren voller Leben. 

Denn ich hatte doch Zeit für die Vorbereitung dieses riesen Spektakels. 18 lange Jahre hatte ich Zeit. Dachte ich. Aus einem unbekannten Grund ist die Zeit so schnell verstrichen und das besagte Fotobuch habe ich die letzten Wochen mal so flapsig angesprochen. Verbunden mit der winzigen Hoffnung, dass es heißen würde: „Ach nee Mama, das ist lieb, aber ich möchte keins. :-)““”

Stattdessen höre ich eine echte Strenge, verpackt in eine spaßige Stimme: „Mama, ganz ehrlich, solch ein Fotobuch wär schön gewesen – du hattest doch 18 Jahre Zeit.“

Volltreffer. Die Perfektionistin in der Unperfektion. Ich musste lachen und heftig schlucken.

Time flies!

„Gerade“ war ich doch noch damit beschäftigt, den Krankenhauskoffer zu packen.

Ich war am Einparken auf den Storchenparkplatz des Krankenhauses, in dem mein Sohn geboren werden sollte.  Zwei Wochen über Termin. Geburt eingeleitet und mein Sohn ließ sich dann trotzdem noch einmal eine ganze Nacht Zeit. Dieser monatelange Bauchbewohner hatte es sich gemütlich gemacht. Na klar, damals gab es halt auch schon „all inclusive“.

Und ich?

Ich habe damals geflucht. Ich wollte nicht mehr, ich war fix und foxi und wollte endlich den Willkommensschrei dieses kleinen Menschleins hören.

Und als ich zum Chefarzt sagte: „Jetzt reicht’s. Ich verlange einen Kaiserschnitt!“, nahm er mich väterlich in den Arm und sagte nur: „Meine Liebe – dafür ist es jetzt zu spät. Das schaffen wir natürlich auf dem ganz natürlichen Weg.“ Ich hasste den Arzt in diesem Moment von ganzem Herzen.

Aber dann war da dieser Moment.

Das Baby auf meinem Arm. Und es war, als ob alle Schmerzen, alle Sorgen, alle Zweifel einfach verschwinden. Das weltweit schönste Baby. Das Niedlichste. Das Süßeste … Natürlich sind sie ja alle. 🙂

Die ersten zwei Nächte waren wir getrennt – Klinik-Konzept. Ich sollte schlafen. Doch als ich zum ersten Mal gerufen wurde und vier Stockwerke später mein Baby mit Kullertränen sah, zerbrach es mir das Herz.

Schlaf? Pah!

Dieses Kind gehört an meine Seite. Von Anfang an. Nun war ich Mama. Löwenmama. Da ist nichts zu viel und die Kräfte schier endlos. (Gut, nicht durchgehend. :-))

Und dann – zack – Kindergarten, Schule, erster Liebeskummer, Schulabschluss, Ausbildung, Führerschein. Und ich frage mich: Bin ich jetzt eigentlich als Mama und Wegbegleiterin gefeiert oder gefeuert?

Das Leben ist ein UND.

Natürlich verändert sich in der Minute zur Volljährigkeit nicht viel – außer ein paar rechtlichen Dingen. Die Erwachsenenwelt zieht ein. „Du bist doch jetzt 18 – das kannst du selbst regeln“, wird es jetzt vielleicht öfter von mir heißen, oder: „Da mische ich mich jetzt nicht mehr ein.“

Klar, nimmt das auch mir etwas Verantwortung von den Schultern. Und ja. So ist das. Das Kind wird groß. Und ich bleibe stehen – irgendwo zwischen Staunen, Stolz und Sentimentalität.

Mhmm, ich hatte gefühlt keine 18 Jahre Zeit zur Vorbereitung auf diesen Moment, auf diesen Tag. Ich hatte ein Leben voller wunderbarer, aufregender, individueller Augenblicke, das schneller vergangen ist, als ich je für möglich gehalten hätte.

Jetzt saß ich also, Tage vor dem Geburtstag, am besagten Fotobuch.

Nööö, den Spruch wollte ich nicht auf mir sitzen lassen. Wer mich kennt, weiß, dass mich so etwas auch zu absurden Höchstleistungen anspornt. Im Express-Modus sammelte ich also Bilder aus 18 Jahren, auf alten Festplatten, durchsuchte Laptops, klickte, scrollte und sortierte.

Eine Reise …

… durch tausende Bilder und Momente.

Nicht zu vergleichen mit dem Jahresrückblick im Fernsehen. Und definitiv mit gefühlter Sehnenscheidenentzündung in der Hand von unzähligen Mausklicks und Wehmut im Herzen.

So viele Momente. So viel Leben. Und so viele Bilder, die leider nie ans Licht kamen. Ich werde das ändern, jetzt gibt’s erst einmal einen Gutschein. Aber es ist beschlossen, ich werde ein zweites Buch machen – für mich. 

Denn es ist auch mein Weg, meine Entwicklung, mein Erinnern, das ich in den vergangenen Tagen mit Staunen betrachtet habe. Vieles, was ich auch nicht mehr auf dem Schirm hatte.

Es geht darum, mal wieder Zwischenbilanz zu ziehen. Zu reflektieren. Zu staunen. Stolz zu sein und dankbar, immer wieder dankbar. Wer mehr von mir gelesen hat: Ich liebe Zwischenbilanzen. Gewollte und ungewollte. Denn es sind besagte Selbstreflexionen und die sind wichtig.

UND. Zu feiern – das, was war. Und das, was jetzt kommt.

Denn alles verändert sich. Aber Liebe und Hoffnung bleiben.

Betzie



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