Oktober. Pink. Leben.
Der Oktober ist mein Monat.
Geburtstag, goldene Blätter, das Leben im Farbenrausch. Ich bin ein Herbstkind.
Ich liebe es, morgens eine Jacke zu tragen und mittags im T-Shirt die Sonne auf der Haut zu spüren.
Ich liebe den Geruch, wenn die Erde wieder atmet, wenn die Luft klar wird und alles noch einmal bunt aufleuchtet, bevor der Winter kommt. Die Sonne ist nicht mehr so brennend wie im Sommer, sondern mild, wie ein Versprechen, dass alles im Fluss ist.
Im Oktober spüre ich das Leben vielleicht intensiver als sonst. Wegen der Farbenpracht und weil es so nah an der Endlichkeit entlangläuft.
Geburt und Vergänglichkeit, Nähe und Verlust – alles mischt sich in diesem Monat. Für mich ganz besonders, seit dem Jahr 2018, da trägt der Oktober für mich mehr als Geburtstagskerzen und goldene Blätter.
Er trägt auch die Erinnerung an einen Tastbefund, an einen Termin in der Uniklinik Frankfurt, an eine Stanzbiopsie – an jenen Oktober 2018, kurz vor meinem 48. Geburtstag, als das Wort Brustkrebs in mein Leben trat und alles veränderte.
Ein Monat, der mir zeigt, wie nah Geburt und Endlichkeit beieinanderliegen liegen können – und dass ich trotz allem hier bin.
Pink October – WIE ALLES BEGANN
Der Oktober trägt nicht nur die Farben des Herbstes, sondern auch die Farbe der Hoffnung.
Seit 1985 gilt er als offizieller Brustkrebsmonat – damals ins Leben gerufen in den USA von der American Cancer Society gemeinsam mit dem Pharmaunternehmen AstraZeneca.
Was als nationale Aufklärungskampagne begann, um über Früherkennung, Forschung und Unterstützung zu sprechen, wuchs in den folgenden Jahren zu einer weltweiten Bewegung.
Die rosa Schleife, die heute überall auf der Welt leuchtet, hatte einen ganz stillen Anfang.
Anfang der 1990er saß eine Frau namens Charlotte Haley an ihrem Küchentisch und bastelte kleine, pfirsichfarbene Schleifen – jede einzelne von Hand.
Sie wollte damit auf etwas aufmerksam machen, das kaum jemand sah:
dass Milliarden in die Krebsforschung flossen, aber nur ein winziger Bruchteil in die Vorsorge und Früherkennung von Frauen.
Sie legte ihren Schleifen kleine Karten bei, mit einer Botschaft, die damals kaum jemand vergessen konnte: „Die jährlichen Budgets des National Cancer Institute betragen Milliarden, aber nur ein winziger Bruchteil fließt in die Prävention. Helfe mit, das zu ändern – trage diese Schleife.“
Ihre Idee verbreitete sich wie ein Flüstern – leise, aber eindringlich.
Dann wurde sie bemerkt: Das amerikanische Self Magazine und der Kosmetikkonzern Estée Lauder planten 1992 eine große Kampagne zur Brustkrebsvorsorge. Sie wollten Haleys Schleife übernehmen. Doch Charlotte Haley lehnte ab: Sie wollte keine Werbung, sondern Veränderung.
Also wählten sie eine neue Farbe – Rosa statt Pfirsich.
Und damit wurde aus einer stillen Privatinitiative ein weltweites Symbol: das Pink Ribbon.
Seit 1992 steht es für Solidarität, Aufklärung und Hoffnung.
Jedes Jahr im Oktober – dem offiziellen Brustkrebsmonat – leuchten Gebäude, Städte, ganze Skylines in Pink: nicht als Modefarbe, sondern als Erinnerung daran, dass jede Frau, jeder Mensch, zählen soll.
Bedeutung
Ein kleiner Faden, der Millionen verbindet und heute für Millionen von Frauen und Angehörigen Hoffnung, Solidarität und Sichtbarkeit bedeutet.
Pink October ist mehr als Marketing. Der Oktober trägt das Symbol der rosa Schleife.
Er erinnert uns an Früherkennung, an die Macht der Aufklärung und an all die Stimmen, die sonst vielleicht still geblieben wären.
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen!
In Deutschland erkranken jedes Jahr rund 70.000 Frauen neu. Jede Diagnose ist ein Einzelschicksal, aber zusammen ergeben sie eine Bewegung, die nicht übersehen werden kann.
Das bedeutet umgerechnet: Jede achte (!) Frau in Deutschland könnte in ihrem Leben an Brustkrebs erkranken.
Die Botschaft ist klar: Hinschauen, fühlen, handeln – Brustkrebs geht uns alle an.
MEIN PERSÖNLICHER LOGBUCH-EINTRAG, 23. Oktober 2018
Es gibt To‑do‑Listen, Wunsch‑Listen, andere Listen wie 100 Dinge, die man tun oder so etwas wie 100 Orte, an die man reisen sollte.
Ich bin eigentlich kein Freund von solchen Listen.
Der Brustkrebs, der bei mir genau am 23. Oktober 2018, einen Tag vor meinem 48. Geburtstag, diagnostiziert wurde, stand auf meiner „Dinge, die ich niemals haben möchte“-Liste.
Und auf dieser Liste mit Dingen, die ich niemals haben möchte, stand er plötzlich ganz oben auf Platz 1.
Offen gestanden, wenn mir neben meinen wunderbar langen, blond gesträhnten Haaren noch etwas hervorragend an mir gefiel, waren das tatsächlich meine Brüste.
Und nun sollte ich mich eventuell von einer trennen.
Brust-Erhaltungs‑Maßnahmen, so nannten sie das Szenario im Krankenhaus.
Ich weiß noch, dass ich in der Nacht nach der Diagnose meine Hand fest um meine erkrankte Brust hielt und ihr gut zugesprochen habe.
Wohl wissend, den Fremdkörper fühlend, der inzwischen einige Wochen, wenn nicht sogar bereits Monate zuvor, schon dort gewesen sein musste.
Und nur so langsam wuchs, dass es mir in meinem momentanen, chaotischen Leben gar nicht wirklich aufgefallen ist.
(Auszug Mutbuch – 1 Jahr voller Abschiede von Bettina Astrid Hennig)
meine botschaft in pink
Jeden Oktober spielt der Film von damals in mir neu ab: der Gang ins Krankenhaus, die Luft, die Farben, die Kälte am Morgen, die Wärme am Nachmittag.
Der Oktober – mein Geburtstagsmonat, mein Diagnosemonat.
Er ist der Monat, in dem mir die Endlichkeit bewusst wurde, aber auch der Monat, in dem ich neu ins Leben geboren wurde.
Sieben Jahre sind seitdem vergangen. Ich habe überlebt, extremes Wort. Aber überstehen ist zu harmlos für diese Diagnose. Ich habe gelernt, dass Mut nicht bedeutet, keine Angst zu haben, sondern die Angst bei der Hand zu nehmen und weiterzugehen.
Immer und immer wieder.
Der Oktober erinnert mich daran, wie eng Leben und Tod beieinanderstehen – und wie groß die Kraft ist, die wir in uns tragen.
Er erinnert mich daran, dass es wichtig ist, hinzusehen, zu fühlen, zu sprechen.
Damit Hoffnung sichtbar wird und MUT nie versiegt. Denn MUT benötigt man unsagbar viel.
Pink October …
Rosa und Gold. Hoffnung und Schmerz. Leben und Sterben.
Er erinnert uns daran, dass wir nicht ewig Zeit haben – dass aber jeder Tag zählt.
Er ist mein Monat, weil er meine eigene Geschichte hervorgebracht hat und die vielleicht jemand anderem Kraft gibt.
Kraft gibt: auf Heilung zu hoffen, weiterzumachen und mutig durch die Etappen der Behandlung zu marschieren. Überhaupt erst einen Termin zu machen, regelmäßig Termine wahrzunehmen, Vorsorge ernst zu nehmen, regelmäßig zur Vorsorge zu gehen und Untersuchungen nicht aufzuschieben.
Eine Geschichte, die Mut und Impulse schenkt, auch dann nicht aufzugeben oder den Mut und die Hoffnung zu verlieren, wenn sie gar nicht in Sichtweite ist.
Den Mut, der in uns steckt, nicht zu vergessen, wenn er manchmal zurückhaltender und stiller ist, als an anderen Tagen.
Mut ist eine ungeahnte Power-Stärke in uns. Sie erwacht manchmal erst in den dunkelsten Stunden.
Der Oktober ist mein Monat, weil er mir jedes Jahr zuflüstert:
Du lebst.
Und das ist das größte Geschenk!

Herzlichst,
Betzie
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